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C Hebräischer BuchdruckAudioguide

von Jan Musekamp

Zur Ausstattung der Viadrina gehört bereits im 16. Jahrhundert auch eine Druckerei. Das Druckmonopol hat seit 1594 die Familie Eichorn inne. Da an der Universität auch die hebräische Sprache unterrichtet wird, besteht ein Bedarf an entsprechenden Druckerzeugnissen. Die Druckerei Eichorn kommt diesem Bedürfnis nach, indem sie sich die benötigten Drucktypen aus anderen Städten leiht. 1589 versucht auch der Buchverleger Hans Hartmann eine hebräische Druckerei zu etablieren. Eichorns Monopol bleibt jedoch zunächst bestehen. Ab 1591 verfügt er über einen eigenen hebräischen Typensatz und druckt die Christianologia des Professors für hebräische Sprache Jakob Ebert.
An der Viadrina reift in dieser Zeit der Plan, eine hebräische Bibel herauszugeben. Eichhorn macht vermutlich ein zu teures Angebot, weshalb Hans Hartmann und sein Sohn Friedrich schließlich doch die Druckerlaubnis erhalten. Sie werben Fachkräfte aus Wittenberg an und können so 1596 die Biblia Hebraica Hartmannorum herausgeben, die insbesondere im nahen Polen einen Absatzmarkt findet.
Seine Blütezeit erlebt der hebräische Buchdruck in Frankfurt in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, verbunden mit Johann Christoph Beckmann. Beckmann stammt aus Zerbst und ist 1659 als Achtzehnjähriger nach Frankfurt gekommen. Nach einer kurzen Dozententätigkeit erhält er vom brandenburgischen Kurfürsten ein Reisestipendium und bereist Europa. In Amsterdam trifft er 1663 nicht nur mit jüdischen Studenten zusammen, sondern auch mit dem rabbinischen Gelehrten Jakob Abendana. Er studiert den Talmud und kehrt 1666 nach Frankfurt zurück.
Beckmann bringt von seinen Reisen die Ideen der Frühaufklärung mit an die Viadrina. Er lehrt bis zu seinem Tod 1717 an der Universität und ist insgesamt achtmal deren Rektor. Die Viadrina entwickelt sich aufgrund der Zulassung jüdischer Studenten zu einem "Amsterdam des Ostens", wobei neben den hebräischen Studien auch die Orientalistik insgesamt an Bedeutung gewinnt. Im Jahre 1673 erwirbt Beckmann schließlich eine Druckerei. Er erhält die Erlaubnis, zwei jüdische Buchdrucker zu beschäftigen, die gegen den Protest der Stadt Frankfurt unter dem direkten Schutz der Universität stehen. Es gelingt die Anwerbung renommierter jüdischer Fachleute, unter anderem aus Prag. Der Bedarf an hebräischen Schriften ist enorm und die Druckerei prosperiert. Beckmann darf weitere jüdischer Drucker anstellen und macht sich an sein Hauptwerk, die Neuauflage des zuletzt 1645 erschienenen Babylonischen Talmuds.
Der Talmud, zu Deutsch Belehrung bzw. Studium, ist neben der Heiligen Schrift der Juden, dem Tanach, wichtigste Grundlage der jüdischen Religion. Er besteht aus mehreren Teilen. Im Zentrum steht die Mischna, die das Kernstück der fünf Bücher Mose darstellt. Ergänzt wird die Mischna durch die Gemara, Kommentare aus dem fünften bis achten Jahrhundert. Schließlich gehören auch Kommentare und Lehrmeinungen jüdischer Gelehrter aus späteren Jahrhunderten dazu.
Insbesondere im nahen Polen besteht in dieser Zeit eine große Nachfrage nach Talmud-Ausgaben, da als Folge der Kosakenaufstände selbst in größeren Gemeinden kaum mehr hebräische Literatur vorhanden ist. Der Kurfürst hofft auf Impulse für den wichtigen Messestandort Frankfurt und gewährt der Beckmannschen Druckerei schließlich 1693 gegen einigen kirchlichen Widerstand das Privileg zum Neudruck des Talmud. Beckmann schließt sich mit dem Frankfurter Buchhändler Michael Gottschalck zusammen. Als es ihm nicht gelingt, einen Finanzier für das ehrgeizige Vorhaben zu gewinnen, verkauft er die Druckerei an seinen Partner und widmet sich wieder ganz der Wissenschaft.
Gottschalck gelingt es 1697, den Hofbankier des Kurfürsten von Sachsen als Finanzier zu gewinnen. Er kann noch im selben Jahr die ersten Ausgaben des Talmud ausliefern, dessen zwölf Bände in einer Auflage von 2000 Exemplaren guten Absatz in ganz Europa finden. Gottschalck wird durch diesen Auftrag zu einem wohlhabenden Mann. Seine Druckerei prosperiert und druckt 1722 eine zweite Auflage des Talmuds. Trotzdem gerät Gottschalck kurz vor seinem Tod 1734 in finanzielle Probleme muss sogar sein Haus verkaufen.
Nach Gottschalcks Tod übernimmt der Professor für Philologie Johann David Grillo die Druckerei. Die Anfänge seines Engagements sind von Katastrophen überschattet, die ihn fast ruinieren. So gerät ein Amsterdamer Lagerhaus in Brand, in dem sich eine Neuauflage des Talmuds befindet. Auch versinkt ein Schiff mit einem weiteren Teil der Auflage.
Schließlich lässt sich der Talmud nur schwer absetzen, da es inzwischen Konkurrenz gibt. Grillo geht in Konkurs. Trotzdem gelingt es ihm, den Druckereibetrieb aufrecht zu erhalten und zu einer neuen Blüte zu führen.
Die gutgehende Druckerei bleibt bis 1796 im Besitz der Familie Grillo. Im selben Jahr übernimmt sie der Theologieprofessor Christian Friedrich Salomo Elsner, der jedoch kein unternehmerisches Glück hat. 1813 erwirbt mit dem Druckereimitarbeiter Hirsch Meyer Baschwitz erstmals ein jüdischer Unternehmer die Druckerei. Nach der Schließung der Universität 1811 jedoch müssen die Druckereien in Frankfurt nach und nach mangels Nachfrage ihre Arbeit einstellen. Wann genau die hebräische Druckerei ihre Arbeit einstellt, ist nicht mehr festzustellen.

Literatur: Ralf-Rüdiger Targiel: Gedruckt mit den Typen von Amsterdam. Hebräischer Buchdruck in Frankfurt an der Oder, in: Jüdisches Brandenburg - Geschichte und Gegenwart, Berlin 2008, S. 450-481.

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